Another Review of Southern Barbeque

 

This review is in German.  No translation was available.

https://www.rocktimes.info/alligator-jackson-the-best-of-alligator-jackson-southern-barbeque-cd-review/

 

Wenn Lynyrd Skynyrd dieses Album zwischen "Nuthin 'Fancy" und " Gimme Back My Bullets" veröffentlicht hätte, es wäre niemandem aufgefallen.« 

Na, da lehnt sich Reinhard Holstein und sein neues Label 'Juke Joint 500' ganz bescheiden aus dem nicht vorhandenen Cabrio-Fenster und gräbt nach dem "Louisiana Man" auf der Kompilation Mo' Peaches – Southern Rock That Time Forgot eine Zusammenfassung von drei verschollenen Alben zwischen 2006 und 2008 des Projektes Alligator Jackson aus, ergänzt um ein Stück von einer ebenfalls verschollenen 2009er-Kompilation. Interessanterweise sind alle vier Alben bei Streaminganbietern komplett abrufbar, während physische Tonträger nicht existent zu sein scheinen. Da es sich 'Juke Joint 500' zur Aufgabe gemacht hat, den Southern Rock der letzten 20 Jahre, der nie als Vinyl erschien, auf eben diesem schwarzen Gold wiederauferstehen zu lassen, ist nunmehr für den August dieses Jahres "The Best Of … Alligator Jackson – Southern Barbeque" angekündigt, allerdings nicht schwarz, sondern multikoloriert und einzeln nummeriert auf 500 Stück begrenzt. Die wenigen verbliebenen Presswerke halten dem derzeitigen Vinylboom nicht Stand und produzieren lange Lieferfristen. 

Für eilige Interessierte gibt es aber ab dem 28.05.21 auch eine Polycarbonatausgabe des Albums, welche dem Rezensenten bereits vorliegt und sich schlussendlich an der vollmundigen Eingangsaussage messen lassen muss. Dabei sei angemerkt, dass Lynyrd Skynyrd schon recht frühzeitig nach einer Band für die ganz großen Bühnen dieser Welt klangen, während Alligator Jackson bis heute nie eine selbige gesehen haben … und ganz nebenbei auch nie eine Band im eigentlichen Sinne waren. 

Hinter Alligator Jackson steckt ein gewisser David William, seines Zeichens Marketingstratege, Medienschaffender und Autor, der vor 17 Jahren beschloss, dass sein richtiger Name nicht zugkräftig genug sei. Darüber hinaus schrieb er auch Songs im Country/Southern Rock-Style und entdeckte 2005 auf einer Straße im Süden Ohios das Hinweisschild für einen Flohmarkt namens 'Alligator Jack’s', welches ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Das war einfach für den Stil seiner Musik so passend wie der berühmte Arsch auf den Eimer … und das Pseudonym Alligator Jack geboren. Nun fehlten noch die entsprechenden Musiker, um seine Ideen umsetzen zu können. Diese fanden sich in Person von Dave Scarboro (Gesang und Gitarre), Tommy Jones Dawg (Schlagzeug) und laut Biografie Nigel Cuff am Bass. Das Booklet wiederum spricht an dieser Stelle von einem RJ Gibson. Sei’s drum, es ging standesgemäß in die East Craft Studios in Vass, North Carolina und 2006 kam das Debüt "Swamp Justice" raus. Es folgten 2007 "Pull No Punches" und 2008 "Spirit Of The Wild", begleitet wurde das Ganze von dem Buch "The Legend Of Alligator Jackson", welches David William natürlich selbst verfasste. Darüber hinaus veranlasste er als Marketing- und Medienprofi, dass auch Alligator Jackson-Cartoons und ein markantes Logo Einzug hielten. 

Was allerdings gar nicht Einzug hielt, waren irgendwelche Bühnenauftritte. Eine Band dieses Namens gab es nie. Aber der Mythos Alligator Jackson geisterte durch diverse Internetradiosender und wurde so auch überregional bekannt, befeuert durch Projekte, die wohl heute als Podcast bezeichnet würden. 

Aber was genau bekommen wir denn nun zu hören? Der Opener "Liquid Courage" ist tatsächlich Southern Rock der Marke Lynyrd Skynyrd pur, einschließlich Orgel-Taste und weiblichem Background, deren Urheber*innen leider verschwiegen werden. "Swamp Justice" klingt wie der Titel es suggeriert, gefällt mit einer schönen Percussion-Begleitung, genretypischer Gitarrenarbeit und Slide-Klängen. "Southern Barbeque" ist programmatisch, lässt die Saiten aufheulen und lädt zum kleinen Rock’n’Roll-Tänzchen am Grill ein. "Enjoy The Ride" ist eine geradezu freche Skynyrd-Blaupause mit JJ Cale-Genen. 
Der "Repo Man" haut dann klassische Riffs raus, begleitet von archetypischer Saiten-Solistenarbeit, während "Pull No Punches" den Boogie auspackt. "Blood On The Wall" bedient die Kategorie Southern-Hymne, "Hanging Judge" stolpert als Country-Rock mit flüssiger Lead-Gitarre durch die Prärie und "Mr. Bouncer" beschwört den Stolz des Südens. 
Jemand Bock auf ein weiteres Tänzchen am flammenden Grill? "Hell’s Breaking Loose" geht in die Beine und ist gleichzeitig eine Art Fortsetzung von "Enjoy The Ride". Der Song zum Projekt entpuppt sich als heimliches Highlight, wird hier doch wunderbar die Atmosphäre transportiert, welche insgesamt durch alle beschriebenen Maßnahmen heraufbeschworen wurde. "Spirit Of The Wild" fungiert dann als fröhlicher Lagerfeuer-Schunkler, bis uns schließlich "Southern Soul" mit dem Gast Gary Jeffries (Alligator Stew – wie passend) nach Hause schickt, irgendwann ist halt sämtliches Grillgut verputzt. 

Fazit: Ein handwerklich und atmosphärisch wunderbares Genre-Werk, welchem aber anzumerken ist, dass ihr Urheber als Hobby-Musiker gewisse Schablonen hinzuzog, um seine Vorstellungen umsetzen zu können. Einige Stücke leiden an einem wenig professionellen Klang und es stellt sich schlussendlich die Frage, warum diese Ausgrabung nicht gleich als Doppel-LP konzipiert wurde. Wer nämlich den Streamingdiensten ein Ohr leihen möchte wird feststellen, dass es sich gelohnt hätte, möglichst alle drei Einzelalben komplett zusammenzufassen. 

Auf Augenhöhe mit Lynyrd Skynyrd? David William wird schmunzelnd seinen Ellenbogen aus dem nicht vorhandenen Cabrio-Fenster strecken.

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